PilotprojekteEnergetische KlärschlammverwertungAuf dem Weg zur energieautarken Kläranlage |
Gründe für das Pilotprojekt
Durch steigende Klärschlammentsorgungskosten, die einen wesentlichen Anteil der Betriebskosten der Kläranlage darstellen, wurde als Maßnahme zur Kostenreduzierung eine energetische Klärschlammverwertungsanlage gebaut. Diese stellt eine konsequente Fortführung des Konzeptes der "Solaren Schlammtrocknung" für die Kläranlage dar. Da eine vergleichbare Anlage in dieser relativ geringen Größe noch nicht realisiert wurde, war diese Maßnahme im Rahmen des Modellprojektes "Weitergehende Energie- und Stoffverwertung auf der Kläranlage" vom Ministerium für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg gefördert.
Projektbeschreibung
Klärschlammverwertungsanlage
Mit dem Ziel einer nachhaltigen Klärschlammverwertung in Verbindung mit dem Vorhaben, eine energieautarke Kläranlage zu
betreiben, errichtete der Zweckverband bereits im Jahre 2002 eine Pilotanlage zur Klärschlammvergasung. Nachdem sich weitere
Gemeinden und Städte über öffentlich-rechtliche Vereinbarungen zur gemeinsamen Klärschlammverwertung entschlossen haben,
wurde die Kapazität der bisherigen Pilotanlage verdoppelt und um eine thermische Trocknung erweitert. Mit der Monodeponierung
der Schlacke wird zugleich eine spätere Phosphorrückgewinnung durch externe Unternehmen ermöglicht.
Verfahrensbeschreibung
Die Energetische Klärschlammverwertungsanlage (EKVA) ist eine Anlage zur Trocknung und Mineralisierung von stabilisierten Klärschlämmen. Der entwässerte Schlamm des Verbandes und der Partnergemeinden wird mit der Wärmeenergie der Vergasungsanlage in einem Bandtrockner bei Temperaturstufen von 120° C/~ 70° C getrocknet, um dann bei ~ 800° C in einer Wirbelschicht vergast zu werden. Das entstandene Produktgas wird aufbereitet und ist für eine motorische Verwertung geeignet und erzeugt mittels Blockheizkraftwerk Strom und Wärme. Die bei der Trocknung entstehende Abluft wird mittels Wäscher vorgereinigt, abgekühlt und anschließend in einem Biofilter behandelt. Mit der monodeponierten Schlacke steht zu einem späteren Zeitpunkt eine "heimische" Phosphorquelle zur Verfügung. Die EKVA stellt mit den Strom- und Wärmequellen einen weiteren Beitrag auf dem Weg zur energetischen Autarkie der Kläranlage dar und leistet durch ein vermindertes Transportaufkommen einen Beitrag zum Klimaschutz.Zur Klärschlammproblematik
Bei der Reinigung kommunaler und industrieller Abwässer in mechanisch-biologischen Kläranlagen fallen neben den gereinigten Abwässern als
Restprodukt große Mengen Klärschlamm an. In Baden-Württemberg sind derzeit ca. 242.000 to/a Klärschlammtrockensubstanz (TS)
aus der kommunalen Abwasserreinigung zu entsorgen, von denen ca. 10 % landwirtschaftlich und landbaulich verwertet, ca. 90 % verbrannt
werden (Stand: 2010). Durch immer striktere Auflagen der Abwasserrichtlinien ist zukünftig von einer
weiteren Intensivierung der Klärprozesse auszugehen, so dass mittel- und langfristig die anfallenden Klärschlammmengen weiter zunehmen
werden.
Aufgrund der Anforderungen der Technischen Anleitung Siedlungsabfall (TASi), die eine weitgehende Mineralisierung des Klärschlamms fordert
und der modifizierten Richtlinien des Düngemittelgesetzes für Klärschlämme (Einordnung des Klärschlamms als Sekundärrohstoffdünger) ist
seit dem Jahre 2005 eine direkte Ablagerung von unbehandelten Klärschlämmen auf Deponien und die landwirtschaftliche Klärschlammverwertung
nicht mehr oder nur noch in einem sehr eingeschränktem Maße zulässig.
Hinzu kommt bei der landwirtschaftlichen Verwertung eine zunehmende mangelnde Akzeptanz in der Öffentlichkeit.
Die anfallenden Klärschlämme müssen daher stofflich und/oder thermisch behandelt werden. Um zukünftig eine Entsorgungssicherheit für
Klärschlämme gewährleisten zu können, ist die Verwertung von Klärschlamm in einer Wirbelschichtvergasungsanlage aktuell geworden, da die
Wirbelschichtvergasung eine motorische Strom- und Wärmeerzeugung
Blockheizkraftwerk (BHKW)(s.11."Gasbehälter") erlaubt.
Damit kann die im Klärschlamm enthaltene Energie am Anfallort verwertet und teure, umweltschädliche Klärschlammtransporte (Fremdentsorgung)
vermieden werden.
Unter Berücksichtigung der vorgenannten Ausgangssituation und der zukünftigen Tendenzen bei der Klärschlammentsorgung ist für den
Zweckverband Abwasserreinigung Balingen, aber auch für Kläranlagenbetreiber im Allgemeinen, die dezentrale stoffliche Verwertung des
Klärschlamms durch gleichzeitige Energieausnutzung zur Minimierung des Eigenenergieverbrauchs von besonderem Interesse.
Anlagenkonzeption
Klärschlammzustände:
Filterkuchen, solar getrocknet,
Schlacke aus Verwertung
Beim Prozess der energetischen Klärschlammverwertung durch Wirbelschichtvergasung wird der Brennstoff (Klärschlamm) unterstöchiometrisch
"verbrannt" und so ein Gas erzeugt, welches selbst brennbar ist. Mit diesem Gas (Synthesegas) wird nach entsprechender Reinigung und Aufbereitung ein
Gasmotor (BHKW, Kraft- und Wärmekopplung) betrieben.
Die hier vorgestellte Anlage stellt mit einer maximal einsetzbaren Klärschlammenge von
300 kg/h eine komplette Neuentwicklung dar.
Wesentliche Prämisse des innovativen Anlagenkonzeptes ist die Erzeugung eines motorentauglichen sogenannten Synthesegases.
Eine technische Schlüsselstellung nimmt dabei der Wirbelschichtvergaser ein, der durch entsprechende Auslegung ein ausreichend hohes
Temperaturniveau (880°C) und hohe Verweilzeiten ermöglicht. Dabei wird eine möglichst vollständige thermische Spaltung der Teere
bewerkstelligt.
Die Anlage wird, wie im Verfahrensfließbild gezeigt, über ein Gebläse mit Frischluft versorgt. Die Frischluft wird über einen
Rekuperator-Wärmeaustauscher gegen das Synthesegas auf eine Temperatur von 350°C vorgewärmt.
Die Höhe der Feststoffschüttung wird über eine Differenzdruckmessung erfasst und geregelt. Das aus dem Vergaser kommende Synthesegas wird im
Wärmeaustauscher vorgekühlt.
Das Synthesegas wird in der Gasquenche durch die Eindüsung von Wasser und die Wärmeabgabe an den zugeführten, getrockneten Klärschlamm
abgekühlt. Durch die Wahl des Temperaturniveaus wird die Kondensation von Wasser aus dem Synthesegas sicher vermieden. Organische Bestandteile,
z. B. Teere, sollen am Klärschlamm abgeschieden und in den unteren Bereich des Vergasers zurückgefördert werden. Es ist bekannt, dass
Teerverbindungen bei höheren Temperaturen und in Anwesenheit von Kohlenstoff gespalten werden können. Synthesegas und Klärschlamm durchströmen
den Apparat im Gleichstrom von oben nach unten, wo das Gas ausgeschleust und zum Staubfilter weitergeleitet wird. Hinter den Staubfiltern,
die aus Gründen der Verfügbarkeit redundant ausgeführt werden, wird das Synthesegas partiell abgekühlt und kondensiert. Durch die so erfolgte
Teiltrocknung wird die Gasqualität gesteigert. Das auskondensierte Wasser wird mittels eines Aktivkohlefilters gereinigt und der
Rohgasquenche wieder zugeführt. Zum Ausgleich des Wasserhaushalts kann Frischwasser zugeführt bzw. Überschusswasser ausgeschleust werden
(nicht im Fließbild dargestellt).
Ein Teil des Synthesegases wird in das bereits in der Pilotanlage aus dem Jahre 2000 installierte Blockheizkraftwerk geführt,
welches als Kraft-Wärmekopplungsanlage Strom (ca. 70 kW) und Wärme erzeugt. Der größere Teilstrom des Synthesegases wird in einem
Gasbrenner zur Beheizung der Trocknungsanlage verwertet.